Ulrich Schwarz habe ich durch meinen Lehrauftrag an der UDK-Berlin kennen gelernt. Er leitet dort zusammen mit Jasper Halfmann das Grundstudium zur Visuellen Kommunikation. Neben der Arbeit an der Universität ist er Teil des Büros Bertron & Schwarz, Berlin für visuelle Kommunikation Museografie und Ausstellungsgestaltung, Corporate Design und Mediengestaltung.
Hallo Ulrich Schwarz, wo befindest du Dich gerade und wie spät ist es?
In Berlin und es ist früh. 6:32 h um es ganz genau zu sagen.
Du leitest ja heute zusammen mit Jasper Halfmann das Grundstudium zur
Visuellen Kommunikation an der UDK-Berlin. Seit wann hast Du die Professur an
der UDK und was hast Du zuvor gemacht?
April 2000, davor (und immernoch) Museograf, Typograf, Kulinar und Ästhet.
Lass uns genauer auf das Grundstudium eingehen. Wie viele Studenten sind
derzeit bei Euch im Grundstudium?
So genau kann man das nicht sagen, ich lasse nicht jedesmal durchzählen, aber von 40 bis 50
Eingeschriebenen sind in der regel 35 bis 45 da, manchmal weniger, bei präsentationen mehr.
Was ist das Kernthema des Grundstudiums?
Grundlagen des Entwerfens.
Welche Aufgabe siehst Du für Dich in dieser Zeit?
Bei Laune zu bleiben.
Wie unterstützt Du die Studenten?
Durch positive Haltung, konstruktive Kritik...
Was sind aus Deiner Erfahrung die größen Hürden für die Studenten in dieser Zeit?
Die erste Hürde ist, überhaupt zum Studium zugelassen zu werden.
Die zweite, den gestalterischen Schwerpunkt den Fähigkeiten entsprechend zu wählen.
Die dritte, realistische Anforderungen an sich selbst zu stellen.
Die vierte, dem Realitätsabgleich standzuhalten und ...
Die fünfte, einen angemessenen Job zu finden.
Welche Themen oder Aufgaben sind bei den Studenten im Grundstudium beliebstesten?
Diejenigen, die möglichst viel gestalterischen Spielraum zulassen (die
jedoch nicht unbedingt die pädagogisch wichtigsten sind).
Was wär denn pädagogisch gesehen ein wichtiges Thema?
Diejenigen, die ein klares Ziel formulieren, exakte Qualitäten und Quantitäten
vorschreiben.
Hälst Du es für hinderlich, wenn Studenten bereits vor ihrem Studium sehr über
viel praktische Gestaltungserfahrung verfügen? Beispielsweise durch Freelance Jobs.
Das kommt ganz darauf an... Für manche ist es hinderlich, wenn sie durch eine
triviale Vorprägung verdorben werden oder sich als sog. Profis schon soweit
gebildet haben, dass sie eigentlich bereits vor Beginn des eigentlichen
Studiums aus-gebildet sind. Für andere ist es förderlich, da sie erst durch die
praktischen Erfahrungen Zugang zum Gestalten finden.
Mit welchen Fähigkeiten sollen die Studenten das Grundstudium abschliessen?
Die Fähigkeit, eigene gestalterische Kompetenz zu erkennen, selbst Ziele zu definieren.
Haben sich die Vorkenntnisse der Studenten, die bei Euch das Studium beginnen in den letzten Jahren geändert?
Wohl kaum... auffällig ist jedoch, dass häufig zwar recht umfangreiche Computerkenntnisse
vorhanden sind, jedoch kaum jemand auch nur einen einzigen Fachbuchtitel nennen kann.
Hat sich die Art und Weise, wie die Studenten ihr Studium in die Hand nehmen mit der Zeit verändert?
Dafür beobachte ich die Entwicklung noch nicht lange genug.
Lass uns etwas an der Zeitschraube drehen und zu einer Zeit kommen die vor dem
Studium liegt. Das Thema Bewerbungsmappe ist ja bei jungen Menschen die ein
Design Studium anstreben zunächst das wichtigste Thema im Leben. Die Fragen
werden immer die gleichen sein. Vielleicht kannst Du zu diesem Thema noch ein
paar dieser ewig quälenden Fragen beantworten, die ich bei unseren Studenten
von morgen gesammelt habe. Es ist klar, dass alle hier gestellten Fragen und
Antworten keine Patentrezepte für eine erfolgreiche Mappenerstellung sind.
Vielmehr sollen sie als Hilfestellung dienen seine eigenen individuellen
Antworten zu finden.
Ist die Gestaltung der Mappe und somit die Präsentationsform wichtig?
Sie ist nicht nur wichtig... sie ist entscheidend.
Macht es Sinn ein breites Spektrum an Arbeiten abzuliefern oder sollte man
sich nur auf ein Thema konzentrieren?
Das ist nicht eindeutig zu beantworten. Unvorstellbar, ein Rezeptbuch zur
Herstellung einer Bewerbungsmappe aufzustellen... auf was es letztendlich
ankommt ist: Qualität
Sollte man sich bei dem Inhalt, den man in seine Mappe aufnimmt auch etwas an
der Hochschule orientieren an der man das Studium anstrebt?
Die Frage ist falsch gestellt... man sollte schon wissen, an welcher
Hochschule man sich bewirbt und diese sollte nach deren Studienangebot und
nicht danach ausgewählt werden, in welcher Stadt sie sich befindet.
Ich meine eher, ob du es für gut hälst wenn sich Bewerber informieren, welche
Aufgaben evtl. auf sie zu kommen und dahingehend Lösungsansätze für ihre Mappe suchen.
Vielleicht.
Was ist mit den beiden Prinzipien "Mehr ist weniger" (da der Inhalt zählt), und "Auffallen ist alles"?
Hat das einen Einfluss auf die Entscheidung?
Manchmal darf es auch gerne etwas mehr sein (max. jedoch 10 Kilogramm) und
auffallen ist gut, aber um jeden Preis ist risikoreich. (Vorsicht: Blender)
Wie kommen digitale Arbeiten in einer Mappe an?
Ausschließlich in ausgedruckter Form.
Ist es positiv beispielsweise fertige Plakat- oder Corporate Design Entwürfe
in die Mappe zu integrieren?
Da spricht nichts dagegen.
Was passiert bei der eintägigen Prüfung nach erfolgreicher Mappenabgabe und
was bei dem abschliessenden Gespräch?
Zulassungsprüfung durch eine einstündige praktische Arbeit und anschließendes
Gespräch, das die Hausarbeit, die Prüfungsarbeit und allgemeine Fragen zum Thema hat.
Kann man die Kriterien nach denen ausgewählt wird in einem Satz zusammenfassen?
Nein. - aber es muss betont werden, dass die Auswahl sehr gewissenhaft
vorgenommen wird, unter Einbeziehung von Studentenvertretern. Gelegentlich
wird auch sehr kontrovers über eine Bewerbung diskutiert und durch Abstimmung
entschieden. Ziel des Verfahrens ist, die gestalterische/künstlerische Eignung
festzustellen.
Was sollte man lieber vermeiden?
Unsinn... in jeder Form. Niveaulosigkeit. Nachlässigkeit.
Verzichten sollte man auf besonders witzige Beiträge, wie geruchsbildende oder
verwesende Objekte, Bombenattrappen, komplizierte Verschraubungen etc.
Vielen Dank für das Interview!
06|2003 Björn Hansen
SERVICE:
www.basics.udk-berlin.de
www.bertron-schwarz.de
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